Der französische Schriftsteller und Übersetzer Francis Combes bat zu Beginn des Ukraine-Krieges Dichterinnen und Dichter aus aller Welt um Gedichte gegen den Krieg. Inzwischen sind auf der Facebook-Seite von Le Merle moquer (zu deutsch: Spottdrossel), dem französischen Ableger des World Poetry Movement (WPM), viele internationale Gedichte versammelt und es gibt täglich neue – jeweils in der Originalsprache und in französischer Übersetzung. Als Nr. 92 ist gerade mein Gedicht „Häuser versetzen“ erschienen, die Übersetzung stammt von dem französischen Germanisten und Lyriker Bruno Berchoud. Wer die Seite mit dem Gedicht einsehen will, findet es unter dem Link https://www.facebook.com/Le-Merle-moqueur-WPM-France-104719004829003. Auch Dichter wie Michael Augustin und Manfred Schlüter findet man bei Le Merle moqueur mit Gedichten gegen den Krieg.
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Gedicht des Monats Juni
Wasserlachen
Wenn die Flöhe in den Wasserlachen lachen,
musst du große Schritte machen,
weil sie sonst ihr Lachen büßen
unter deinen Patschefüßen.
Zehn Hunde im neuen GECKO
Alle zwei Monate erscheint eine neue Ausgabe der wunderbaren Kinderzeitschrift GECKO, die in München von Muriel Rathje und Anke Elbel herausgegeben wird. In der nun schon 89. Ausgabe für den Monat Mai findet sich auch – und gleich auf den ersten Seiten – „Die Geschichte von den zehn Hunden“. In zwölf gereimten Strophen verliert sich ein Hund nach dem andern, bis der letzte müde und erschöpft allein durch die Gegend trottet. Doch da entdecken ihn die neun anderen Hunden, die unterwegs verlorengegangen sind und sich inzwischen wiedergefunden haben, und nehmen auch ihn wieder auf. Und die Geschichte beginnt von Form: „Es gab mal ein Hunderudel, / das war zu zehnt unterwegs. / Darunter war auch ein Pudel, / der verschluckte sich an einem Keks.“ So geht das immer weiter. Die Geschichte habe ich mal für die Illustratorin Sabine Kranz geschrieben, als ich ihre großartigen Hundezeichnungen entdeckte. Und nun wimmelt es hier Seite für Seite von herrlichen Exemplaren. Mit Sabine Kranz habe ich schon 2018 die Anthologie „Sieben Ziegen fliegen durch die Nacht“ bei dtv gemacht. Und im Herbst kommt, von ihr illustriert, mein neues Bilderbuch „In meinem Rucksack wohnt ein Tiger“ bei Sauerländer.
Gedicht des Monats Mai
Diebische Möwe
Es flog eine Möwe am Fenster vorbei
und sah eine Tüte mit Fressen,
das dort zum Kühlbleiben hing.
Ich hörte nur kurz ihren lauten Schrei,
hab lesend im Sessel gesessen,
als sie sich den Beutel fing.
Fort flog sie über die Boote am Kai,
von Lust und Hunger besessen.
Die leere Tüte zu Boden ging
und ich hatte nichts mehr zu essen.
Gedicht des Monats April
Auch im Mai kein Kindergedicht wie sonst Monat für Monat auf dieser Website. Der Krieg in der Ukraine geht weiter, der russische Überfall auf das Nachbarland zählt Tausende Tote, unendliche Zerstörung. Menschen fliehen, haben alles verloren, sitzen in Kellern fest und verhungern, verdursten. Wir schauen die Bilder von fern, aus sicherem Abstand an, staunen über die grausamen Szenen, die uns unfassbar scheinen. Alles so selbstverständlich Vertraute aus unserem Leben verliert seinen Halt. Darüber habe ich in dem Text erzählt, der nun als Gedicht für den Monat Mai steht.
Bilder
Als die Scheibe zersplitterte saßen wir nicht im Café.
Es war nicht unsere Tasse die zu Staub zersprang.
Wir waren an einem anderen Ort in einem sicheren Land.
Der Krieg sah uns aus einem Fernseher zu der an der Wand hing.
Als wir die Tassen hoben schaute er uns in die Augen,
wo sich zerbombte Fassaden spiegelten
das halbe Schild mit dem Wort Café ohne Namen
und ein angesengter Stofffetzen
dessen Muster mich an das Kleid erinnerte
in dem du durch die Tür kamst mit einem Lachen.