Tänze unter Barhockern

In den späten 1970er Jahren stießen wir in Berlin aufeinander. Zwei junge Lyriker in der Zeit der neuen Subjektivität. Es gab Lesungen in der Galerie Bloom in Kreuzberg, im Buchhändlerkeller in Charlottenburg, in der Wolff’s Bücherei in Friedenau. Wir wurden Freunde und spürten, dass wir viele Gemeinsamkeiten hatten, trafen uns bei jedem meiner Berlin-Besuche im Shell am Savignyplatz, bis es das Shell nicht mehr gab. Und irgendwann gab es auch den wunderbaren Dichterfreund Hans Ulrich Hirschfelder nicht mehr. Er starb 2006 mit 52 Jahren an Krebs. Seine beiden eindrücklichen Gedichtbände „Orangen“ und „Weiße Nacht“ verloren sich aus dem literarischen Bewusstsein. Sein umfangreicher Nachlass schien niemanden zu interessieren. Dann der Anruf von einem anderen Hirschfelder-Freund – Wolfgang Heyder. Und wir starteten mit Cousine und Nachlass-Erbin Andrea Müller eine einjährige Reise durch das Geschriebene und nur zu einem kleinen Teil Veröffentlichte. Wir waren ihm wieder ganz nah, unterhielten uns mit ihm über die Zeit, über seine Texte und am Ende entstand ein Buch, das alles zusammenfasst, was wir für eine Veröffentlichung geeignet fanden und was uns immer noch haltbar erschien. In der Hoffnung, dass noch andere Menschen sich an den zu Unrecht Vergessenen erinnern mögen oder ihn vielleicht ganz neu entdecken wollen, zum allerersten Mal: Das Buch „Tänze zwischen Barhockern“ mit Gedichten, Prosa und einem Mini-Einakter ist gerade in der edition eY erschienen. Ein dickes, lesenswertes Buch von fast 300 Seiten! Danke, alter Freund, lieber Uli! Zu bestellen gibt es den Band für 28 € zzgl. Versandkosten unter mail@edition-ey.de

„Dunkel war’s“ auf Lyrik-Empfehlungsliste

Seit 2013 gibt es nun schon die jährlich erscheinenden „Lyrikempfehlungen“, eine Liste herausragender deutschsprachiger und übersetzter Gedichtbände. Dichter und Dichterinnen, Kritiker und Literaturwissenschaftlerinnen stellen in einer Broschüre ihre durch Juryentscheid gewählten besten Erwachsenentitel des zurückliegenden Jahrgangs vor. Initiiert wurde die Liste damals von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, der Stiftung des Lyrik Kabinetts in München sowie dem Haus für Poesie in Berlin.

Auch diesmal wurde die neueste Liste wie gewohnt auf der Leipziger Buchmesse vorgestellt, enthielt aber eine wesentliche Neuerung. Denn von diesem Jahr präsentiert sie neben den Erwachsenen-Empfehlungen auch die zehn besten Kindergedichtbände. Viele haben diese Erweiterung der Liste seit Jahren vorangetrieben, federführend betreut den Kinderteil inzwischen die Internationale Jugendbibliothek in München. Zum Start wurden die Bücher noch aus dem Erscheinungszeitraum 2020-23 gewählt, künftig soll, wie im Erwachsenenteil, nur noch die jeweils zurückliegende Jahresproduktion berücksichtigt werden.

Äußerst erfreulich: Unter den diesjährigen besten Kindergedichtbänden ist auch mein „Dunkel war’s, der Mond schien helle“, in dem ich das wohl bekannteste Volksgut-Nonsensgedicht zusammen mit elf Autoinnen und Autoren weitergedichtet und mit insgesamt 34 Strophen zu neuem Leben erweckt habe. Denn obwohl dieser berühmte Nonsens-Klassiker immer mehr in Vergessenheit zu geraten drohte, gibt es plötzlich ein riesiges Interesse am Buch, sodass gerade bereits die 5. Auflage erschienen ist. Das liegt nicht zuletzt auch an den wunderbaren Illustrationen von Jens Rassmus aus Kiel.

Sandra Niebuhr, Professorin für Sprachpädagogik an der Fachhochschule Clara Hoffmann in Potsdam, hat der Jury dieses Buch für die Liste vorgeschlagen.

Mehr über alle Kinderlyrik-Empfehlungen und was es zu den zehn ausgewählten Büchern an Material geben wird oder wo Veranstaltungen mit den Autorinnen und Autoren stattfinden, erfährst du HIER. Die Infos werden ständig erweitert und aktualisiert.

Gedicht des Monats Januar

Wünsche

Anna wünscht sich eine Katze,
Julian hätte gerne einen Hund.
Svenja möcht am liebsten Schlittschuh laufen,
stundenlang im Eisbahnrund.

Maja möchte Geige spielen lernen,
Robin wär gern MBappé.
Lea träumt vom Fahrradfahren
bis hinaus zum Baggersee.

Amon würd noch mal mit Sarah
gern zurück nach Hause gehen
und vom Dach mit seiner Schwester
in den Sternenhimmel sehen.

Neun Jahre Kinderlyrik im Blog

Nach nunmehr fast neun Jahren endet im Dezember meine Kinderlyrik-Reihe im Blog der Zeitschrift DAS GEDICHT. Unglaublich: 102 Beiträge sind seit März 2015 erschienen und es begann mit dem leider viel zu früh verstorbenen Dichter Peter Maiwald, von dessen Witwe ich damals noch ein paar unveröffentlichte Texte aus dem Nachlass bekam. Jeden Monat (außer wegen Corona in den drei ersten des Jahres 2021) habe ich einen neuen Dichter, eine neue Dichterin mit unbekannten, meist erstveröffentlichten Gedichten für Kinder präsentiert, ab und zu gab es auch Themenbeiträge wie zur Fußballweltmeisterschaft im elenden Sommer 2018 oder Weihnachts- und Wintergedichte, mehrmals auch Gedichte von Kindern. Eine regelmäßige monatliche Weiterführung ist nun nicht mehr sinnvoll. Doch es ist denkbar, dass mir Gedichte von einzelnen neuen, mir unbekannten Autorinnen und Autoren weiter zufallen. Dann werden sie natürlich trotzdem im Blog erscheinen. Ob und wann es regelmäßig mit einem neuen Konzept weitergeht, ist noch nicht klar. Aber ich freue mich, dass für den letzten Beitrag so wunderbare Dichter wie Andrea Karimé, Elisabeth Steinkellner, Heinz Janisch, Michael Hammerschmid und Nils Mohl noch einmal Gedichte für den Themenbeitrag „Vom Träumen, Staunen und Fragen“ geschickt haben und wir zusammen eine weitere Stimmenvielfalt der aktuellen Kinderlyrik vorführen können. Ab 9. Dezember kann man sie HIER direkt anklicken und landet dann auf dem Blog.

Licht an für „Dunkel war’s …“

Im Dezember pfeift es „Dunkel war’s …“ von allen Dächern. Auf sämtlichen monatlichen Empfehlungslisten ist das schöne Gemeinschaftswerk mit den großartigen Illustrationen von Jens Rassmus zu finden, so zum Beispiel, hoch gepriesen, unter den „Besten 7“ von Deutschlandfunk und Radio Bremen. Wer hineinhören möchte, was Christiane Raabe, Leiterin der Internationalen Jugendbibliothek in München, als Mitglied der Jury zu dem Buch sagt, kann den Deutschlandfunk-Beitrag HIER direkt anklicken. Doch auch auf den anderen Empfehlungslisten ist „Dunkel war’s“ im Dezember, so als bestes Jugendbuch, ausgewählt von der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur in Volkach oder als bestes Buch bei der wunderbaren Wiener Kinderbuch-Institution STUBE, von der es in diesem Monat mit der Auszeichnung „Kröte des Monats“ geehrt wird.

Unter den 100 besten Büchern, die halbjährlich während der Münchner Bücherschau präsentiert werden, ist unser Bilderbuch ebenfalls dabei und – ganz große Freude! – auch in der Zeitschrift „Bücher Magazin“, die es im Buch- und Zeitschriftenhandel zu kaufen gibt, wird „Dunkel war’s“ gleich als Aufmacher des 38-seitigen Kinderbuchteils vorgestellt und gelobt. So viel Resonanz gibt es nicht allzu oft für Gedichtebuch.