Gedicht des Monats September

Spiegelbilder

Wie die Möwen gedrängt auf dem Geländer hocken,
reglos still und unerschrocken.
Doch unten im Wasser, da spiegeln sie sich,
schaukeln kopfüber im flimmernden Licht,
warten, dass sich die Scheibe der Sonne verbiegt,
ein Schatten unter das weiße Geländer sich schiebt,
dann tauchen sie ab im tiefen Blau,
schreien zum Himmel.
Ihre Stimmen sind rau.

Portrait des jungen Dichters

Vor gut 55 Jahren schrieb ich als 13-, 14-jähriger Schüler die ersten Gedichte für Erwachsene. Hier ein Portrait des Dichters in früher Jugend, das mir gerade in die Hände fiel. Ich mag dieses Foto sehr. Es zeigt mich so, wie ich war – still, nachdenklich und mit einem Hauch von Unernst und Spott. Vier Jahre später wurden zwei der Gedichte in einer Zeitschrift gedruckt. Geplant war damals auch ein Bändchen mit Prosa, das aber leider nie erschien, weil der Verlag seine Arbeit einstellte. Darum kam das erste Buch erst 1978. Mit Gedichten.

Der Tiger ist da!

Endlich ist mein neues Bilderbuch da. „In meinem Rucksack wohnt ein Tiger“ heißt es und handelt von Ben und seiner unsichtbaren Freundin: der Katze im Rucksack, die er Tiger nennt. Niemand darf sie sehen. Bens sichtbare Freundin und Mitschülerin Lili hilft ihm dabei. Wunderbare Bilder von Sabine Kranz begleiten den Text und setzen ihn in eine ganz eigenständige Bildsprache um. Der „Tiger“ ist nun schon das dritte Projekt, dass die Illustratorin und ich gemeinsam entwickelt haben. 2018 illustrierte sie meine Kinderlyrik-Anthologie „Sieben Ziegen fliegen durch die Nacht“, die bei dtv erschienen ist. Und im Mai dieses Jahres war in der Kinderzeitschrift „Gecko“ die „Geschichte von den zehn Hunden“ zu sehen und zu lesen. „In meinem Rucksack wohnt ein Tiger“ ist bei Sauerländer im Fischer Kinder- und Jugendbuchverlag erschienen. Auf der Website von Sabine Kranz kann man auch ein paar Seiten aus dem Innern des Buchs bestaunen. Hier ist der Link.

Gedicht des Monats August

Still

Fünf Buchstaben nur,
ein kurzes Wort,
schnell da, schon fort.

Braucht kaum Platz
in einem Satz.
Klingt ganz leise.

Doch wer will,
hört im „Still“
vielleicht ein Blatt.

Würmer im Watt
und eine Ameise
auf ihrer Reise.

Gedicht des Monats Juli

Gespenster

Nachts kommen Gespenster,
lugen durchs Fenster,
treten ins Zimmer
mit leisem Gewimmer,
kriechen ins Bett,
machen sich fett,
stoßen mich ohne Erbarmen
mit ihren Armen,
treten mich mit den Beinen,
nölen und greinen,
schieben mich weg
ans äußerste Eck,
schmeißen mit Schwung mich
hinaus auf den Teppich.

Werde ich wach,
denke kurz nach:
Wieso lieg ich komplett
in meinem Bett?