Kleine Anleitung zum Lesen eines Schweine-Tagebuchs

Zu den amazon-Stimmen über Emer Stamps Kinderbuch „Das unwahrscheinlich geheime Tagebuch vom kleinen Schwein“, das bei Boje erschienen ist und von mir übersetzt wurde.

Tagebuch_Schwein_neuNein, SCHWEIN gehört nicht zu den hochbegabten Kindern, auch wenn man das vielleicht vermuten könnte. Ein Schwein, das Tagebuch schreibt – alle Achtung. Aber natürlich schreibt es kein gepflegtes Grundschuldeutsch, wie das viele bei amazon von ihm zu erwarten scheinen. Es schreibt Schweine-Deutsch, ein bisschen so, wie ihm die Schweineschnauze gewachsen ist. SCHWEIN macht all die Fehler, die nur ganz dumme Kinder auch ins Schulheft schreiben. Es sagt: „Ich, das erste Schwein, wo Tagebuch schreibt.“ Es sagt auch: „mein bestester Freund ENTE“. Ich weiß ja nicht, liebe Supereltern, ob ihr mal in euer altes Tagebuch aus Kindertagen geschaut habt, wie viele Fehler da drinstehen. Und wieso verlangt ihr dann, dass Das unwahrscheinlich geheime Tagebuch vom kleinen Schwein makellos zu sein hat? Warum verderbt ihr euren tollen Kindern die Freude, klüger zu sein als SCHWEIN. Schließlich wissen sie ja sicher auch, dass man nie und nimmer zum Pluto fliegen kann – was SCHWEIN nicht weiß. Aber witzig ist es doch trotzdem, was es sich in seinem kleinen naiven Köpfchen alles ausmalt, um bloß nicht geschlachtet zu werden. Oder können eure Kinder etwa nicht bei der schlingernden Flucht über Wege und Wiesen lachen, die das arme kleine Schwein in seiner Trakete hinlegt. Dann habt ihr ihnen offenbar jedweden Kinderwitz untersagt, was wirklich schade wäre. Aber pupsen darf SCHWEIN bei euch ja auch nicht, weil das Fäkalsprache ist. Ich weiß schon, maSchweinnche Kinder lernen heute bereits in der Kita Chinesisch, um im späteren Leben Karriere zu machen. Doch wer will denn solche immerzu lernende Lemminge, die nie ein dummes Glücks-SCHWEIN lieben durften, das sein Fluchtfahrzeug mit Windkraft (großen Stinkern!) auf Tempo bringt, nur in der Schule wahrscheinlich schlechte Noten bekäme. Seid mal ein bisschen tolerant gegenüber denen, die nicht als Intelligenzbestien geboren wurden. Und zeigt euren Kindern, wie liebenswert auch ein DUMMES SCHWEIN sein kann, das nicht richtig Deutsch kann, aber viele verrückte Geschichten zu erzählen weiß, die ganze Aufsatzhefte füllen könnten, dort, wo die meisten Kinder es mit ihrer Phantasie gerade mal auf eine schlappe Seite bringen.

Gedicht des Monats März

Verkehrte Welt

Wenn die Häuser übern Schornstein fliegen,
Sterne schwarz im Straßengraben liegen,
Hunde an die Kirchturmspitzen pinkeln,
Ampeln leuchten in den Kellerwinkeln,

wenn der Bordstein auf dem Flugplatz landet,
eine Straßenbahn im Gulli strandet,
Ententeiche durch ein Kaufhaus ziehen,
Fahrräder aus Pizzaöfen fliehen,

wenn der Stadtpark auf die Bank sich setzt,
wenn der Küchenschrank die Ratten hetzt
und ein Flügel sich am Kopf verletzt,

wenn die Schule aus den Wolken fällt,
ist die Turmuhr auf den Kopf gestellt,
was dem Mann im Mond sehr gut gefällt.

Österreichische Auswahlliste für „Die Tränen des Kamels“

Das von mir übersetzte Kinderbuch „Die Tränen des Kamels“ des kanadischen Autors Griffin Ondaatje mit Illustrationen der in Wien lebenden renommierten Illustratorin Linda Wolfsgruber wurde in die Kollektion (Auswahlliste) des Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreises 2015 aufgenommen. Die Preisverleihung findet am 18. Mai im Kultur- und Kongresszentrum Eisenstadt im Burgenland statt.

Gedicht des Monats Februar

Hirn an Mund

Zeig ihm die Stirn, flüstert das Hirn.
Kann man nichts machen, räuspert der Rachen.
Bei meiner Seele, röchelt die Kehle.
Wird ganz schön knacken, pusten die Backen.
Dann drück ich die Daumen, raspelt der Gaumen.
Verrückte Pläne, schnalzen die Zähne.
Junge, Junge, lispelt die Zunge.
Na und, denkt der Mund
und schreit los ohne Grund.

Kinderlyrik im Blog

Das_GedichtImmer weniger Kindergedichte. Woran liegt es? Den Verlagen die Schuld zu geben, wäre falsch. Sie publizieren seit Jahren gegen den Strom. Erfolg haben sie mit bekannten Autoren oder mit Anthologien. Und die weniger bekannten Dichter, die für Kinder schreiben? Kaum eine Chance. Es ist noch schwerer als in der Erwachsenenlyrik, denn es fehlt an kleinen und kleinsten Verlagen, die sich die Kinderlyrik auf ihre Fahnen schreiben. Deshalb arbeite ich künftig mit Anton G. Leitner zusammen, der seit 22 Jahren die wichtige Zeitschrift „das gedicht“ und einen dazugehörigen Lyrikblog betreibt. Ab März werde ich unter www.dasgedichtblog.de jeweils am 10. eines Monats Kindergedichte eines Autors oder einer Autorin vorstellen. Im März wird es der zu Unrecht vergessene Peter Maiwald sein, der 2008 im Alter von 62 Jahren starb. Ab der Nr. 23 der Zeitschrift „das gedicht“ (erscheint im Herbst 2015) wird auch diese jeweils 8 Seiten Kinderlyrik enthalten, um die ich mich kümmere.