Raumsaumtraum oder Wie in Tübingen ein Gedicht entstand

6 Wörter hatten sich die Schülerinnen und Schüler des Tübinger Uhland-Gymnasiums überlegt, die in einem Gedicht vorkommen sollten, das wir im Rahmen der 1. Tübinger Kinder- und Jugendmedien-Lecture schreiben wollten. Eine nicht gerade leichte Aufgabe, denn was macht man aus den Wörtern Nikolaus, Haus, Hund, Rund, Rutsche und Traum? Eine Rutsche für den Nikolaus? Ein rundes Haus? Ein Traum mit Hund? Viel Zeit zum Nachsinnen blieb nicht, denn das Erfinden des Gedichts war ja nur ein Teil meiner Lesungsveranstaltung: maximal 40 Minuten und 100 Kinder, die ihre Ideen vorbringen wollten. Und was für Ideen! Was ist ein Nikolausbaum? Ist der rot wie ein Nikolausmantel? Und was ist ein Windhausraum, der sich akustisch so schön in die Zeilen fügte, dass das Wort sofort zu leuchten begann? Ach, und reimt nicht Raum auch auf Badeschaum? Im Gedicht ist doch alles möglich, alles vorstellbar. So purzelten die Ideen am laufenden Band durch die Aula. Und es entstand ein wunderbares kleines Gedicht. Zum Schluss blieb nur die Frage, wie soll das Gedicht heißen? Ein großartiger Vorschlag griff ein paar Reimwörter auf und lautete „Raumsaumtraum“. Wunderschön. Die meisten Kinder wollten es aber doch etwas konkreter, so heißt das Gedicht nun „Der Hundetraum“. – Und was hätte ich, allein zu Hause, aus den 6 Wörtern für ein Gedicht gemacht? Das wollten die Kinder auch noch wissen. Ich habe es ebenfalls in nur 40 Minuten versucht. Und die Kinder staunten, dass aus den gleichen 6 Wörtern zwei ganz verschiedene Gedichte werden können.